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Ein außergewöhnliches Highlight zum Schuljahresanfang war für die Klasse BTG 13 am 10. Oktober 2019 der Besuch im Badischen Staatstheater, in E.T.A. Hoffmanns Stück Der goldne Topf. Ein Märchen aus neuer Zeit.

Zur Inszenierung des Märchens, das für die Bühnenfassung eine besondere Dramaturgie erfordere, wurden wir vor der Aufführung von Herrn Kömpf eingeführt. So käme beispielsweise die schlangengestaltige Serpentina nicht als Figur auf die Bühne, sondern trete an unterschiedlichen Stellen in Erscheinung, auf die man achten solle. Wir ließen uns einfangen von der besonderen Atmosphäre. Im morgendlichen dunklen Theaterraum entfaltete sich die Bühne, als eine grell beleuchtete und sich ständig verwandelnde Konstruktion aus Glas, mit aufklappbaren weißen Brettern, die an einen Wintergarten erinnerte. Durch die gläserne Rückwand, vor und hinter der die Schauspieler agierten, konnte man mit Anselmus, dem Protagonisten, den Weg in die wunderbare Dimension gehen resp. mitverfolgen, wie sich ihm die Zauberwelt der Poesie offenbarte. Dazu trugen auch die zum Leben erwachenden Büsche bei, die plötzlich wispernd und sich schüttelnd zur Seite traten, und Anselmus die betörend tiefblauen Augen Serpentinas freilegten. Besonderen Anklang fand die darstellerische Leistung der Figur des Archivarius Lindhorst, der sich mit lautem Krächzen und schwingenden Flügeln in seine magische Gestalt verwandelte. Gelungen war auch die musikalische Untermalung der Szenen mit geheimnisvollen Klängen, Onomatopoetika, hallenden Rufen oder Technomusik, die wechselnd beide sich widersprechenden Welten veranschaulichten. Es bestand Einigkeit, dass E.T.A. Hoffmanns Intention, ein Märchen zu schaffen, das: „[…] feenhaft und wunderbar, aber keck ins gewöhnliche alltägliche Leben tretend und sei(ne) Gestalten ergreifen soll“ (Brief an Carl Friedrich Kunz vom 19.8.1813), in dieser Umsetzung verwirklicht wurde. Selbst manche Schüler_innen, die Langeweile im Theater erwarteten, waren begeistert von der modernen Umsetzung des Stücks, wie einfach doch der Inhalt sei und man ihn so viel besser begreife: „Und das für nur 8 € Eintritt!“

Umso mehr freuten wir uns auf Herrn Kömpf, der in die Klasse kommen wollte, um in einem Workshop am 21. Oktober das gesehene Stück nachzubearbeiten. Wir sammelten im Unterricht Vorstellungen, Eindrücke und Fragen, um vorbereitet zu sein: „wenn der Mann vom Theater kommt.“ Es blieb die Frage: „Wo war eigentlich der goldene Topf?“ Gespannt erwarteten wir sein Kommen. Herr Kömpf, der sich als Benedict vorstellte, begann mit Assoziationsübungen, um die Eindrücke zu reaktivieren. Mit begrifflichen Impulsen erstarrten die Schüler_innen ganz unbefangen zu Standbildern. Die danach eingeteilten Gruppen, die sich auf einen Titel für die Gruppe einigen und gemeinsam eine Stimmung aus einer Szene in einem Satz, einer Geste und einer Emotion darstellen sollten, präsentierten nacheinander ihre entwickelten Szenen: Aufbruchsstimmung, ängstliche Reue und geheimnisvolle Manipulation. Am Ende wurden die im Unterricht gesammelten Vorstellungen besprochen, bei der alle ihre Gedanken formulieren und Fragen stellen konnten. Ja, und wo der goldene Topf geblieben sei, das müsse sich nun jeder selbst beantworten, so Benedict Kömpf. Die beiden Unterrichtsstunden waren schnell vorüber. Wir bedanken uns ganz herzlich bei Herrn Kömpf, der den Deutschunterricht auf mitreißend-kreative Weise bereicherte und uns für kurze Zeit den Zauber des Theaters spüren ließ. Diese erlebten Momente werden jenseits der Abiturklausur noch lange nachwirken.

 

Text: S. Habich-Weisser


Fotos: Felix Grünschloß (mit freundlicher Genehmigung des Badischen Staatstheaters)